Anti-rassistisch, vielfaltsbewusst: Aber wie?

Viele Eltern bemühen sich, ihre Kinder anders zu erziehen als ihre Eltern – und das ist ganz normal. Unsere Gesellschaft und unser Umfeld befindet sich in ständigen Veränderungsprozessen. Die jetzigen Kinder werden in ihrem Leben vor anderen Möglichkeiten und Hürden stehen, als wir es jetzt tun und als unsere Eltern getan haben. Eines dieser Themen, die wir heute mit anderer Brille betrachten, ist, wie wir sie auf eine postmigrantische Gesellschaft vorbereiten, die vielfaltsbewusster ist, sodass sie weniger Menschen ausgrenzen und unbewusst weh tun.

Aileen Puhlmann hatte im März 2021 hier bei den Lotsinnen* einen Beitrag über ihre Erfahrungen als Schwarze Mutter in einer Kita veröffentlicht. Der Artikel war der Ausgang für den digitalen Workshop am 20. September 2021 in Uetersen im Rahmen der Interkulturellen Woche. Gemeinsam mit Kira und Griselda von WE A.R.E. haben die Teilnehmer*innen über die Grundlagen und Auswirkungen von Rassismus gesprochen. Dabei berichtete Franziska:

„Ich bin Mutter einer Schwarzen Tochter (mein Mann kommt aus Gambia) und mir ist in den ersten Monaten nach der Geburt unserer Tochter bewusstgeworden, dass sie nie die Kindheit haben wird, die ich gehabt habe und dass sie höchstwahrscheinlich Erfahrungen machen wird, die mir nie hätten passieren können: aufgrund ihrer Hautfarbe.

Einmal war ich mit meiner Tochter (1 Jahr) spazieren und da stellte sich ein ca. 5 jähriger Junge neben den Kinderwagen und fragte: Warum hast du so ein hässliches Kind!!! Das war meine erste deutlich rassistische Erfahrung und das war auch der Moment, in dem ich realisierte, dass mein Kind anders aufwachsen wird, als ich es getan habe. Ich wusste nicht, ob ich ihn anschreien sollte, ob ich es ihm ruhig erklären sollte, ob ich zu seinen Eltern gehen sollte, oder was ich sonst tun sollte….  Ich lief geschockt weiter und fing bitterlich an zu weinen. Mein Kind schlief zu dem Zeitpunkt“.

Franziska

Da Kinder nicht als diskriminierende und rassistische Personen geboren werden und die zugrundeliegenden Schubladen im Kopf sich im Laufe ihres Lebens bilden und verfestigen, wurden während des Workshops viele Möglichkeiten besprochen, was Eltern aktiv tun können. Hier einige Impulse, die uns WE A.R.E. an dem Abend mitgegeben hat:

  • Aktiv gegen Rassismus einschreiten und darüber sprechen: Wenn du eine Situation für dich beobachtest, die du schwierig findest, schreite ein. Dein Kind beobachtet dich und lernt auch vom Verhalten, das ausbleibt. Zudem kannst du auch mit deinem Kind über Rassismus sprechen. Schwarze Kinder sind schon früh in ihrem Leben unmittelbar von Rassismus betroffen. Daher ist es OK für weiße Kinder frühzeitig zu lernen, dass das besteht.
  • Über Vielfalt sprechen: Alle Körper sind verschieden und das ist ganz normal und OK. Je normaler es für dein Kind ist, dass alle dazu gehören, desto selbstverständlicher begegnet es verschiedenen Menschen.
  • Auf eine vielseitige Abbildung und Teilnahme von Personen achten: In vielen (älteren) Kinderbüchern sind hauptsächlich weiße Menschen abgebildet, die z. B. keine (sichtbare) Behinderung haben oder aus Mutter-Vater-Kind-Familien bestehen. Diese vielfaltsarme Darstellung geht nicht einher mit dem, wie viele Kinder in unserer Gesellschaft tatsächlich leben. Es ist daher wichtig, dass in Kitas, Schulen und von Eltern auf eine Vielfalt in Kinderbüchern, Fernsehserien, Puppen, Duplo etc. geachtet wird. Fragt also doch einfach nach, z. B.: Gibt es an eurer Kita eine Schwarze Puppe? Einige Tipps hierzu findest du auch im Beitrag über Kinderbücher.
  • Tauscht euch aus: Vieles ist uns selbst nicht bewusst. Auch ich stolpere immer wieder über Sachen, die mir bis dahin nicht klar waren. Daher tauscht euch gegenseitig aus, lernt voneinander. Aus dem Workshop gab es einige Personen, die sich gemeinsam vernetzen wollten. Vielleicht hast du auch Lust dich anzuschließen? Dann melde dich bei mir: joosten@stadt-uetersen.de.


Ich möchte den Text gerne abschließen mit den Worten von Franziska:

„Ich bin nicht schwarz, ich bin keine PoC und doch fühle ich mich etwas dazugehörig. Aber mir ist bewusst, dass ich es auf keinen Fall bin und nie in der Lage sein werde diese Situation nachempfinden zu können. Ich möchte das alles aber nicht so hinnehmen und möchte eine Stärke entwickeln, sodass ich mich aber auch meine Tochter auf solche Situationen vorbereiten kann. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass Vielfalt in Kitas, Schulen, Arbeitsstellen als normal angesehen wird und alle Kinder und Erwachsene gleichermaßen dazu gehören. Ich möchte mich stark machen für eine Welt, in der Vielfalt als Reichtum angesehen wird.“

Franziska

Bist du auch dabei?

Ein Beitrag von Eline Joosten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uetersen