Gleichstellung und Nachhaltigkeit

In unseren Städten beschäftigen sich immer mehr Menschen mit Nachhaltigkeit: In Uetersen gab es 2022 die erste Klimawoche, Wedel lädt derzeit ein zur fünften Klimakonferenz und der Kreis organisierte zum siebten Mal die Kreis-Umwelt-Tage. Dann wird es Zeit dieses auch unter die Gleichstellungslupe zu nehmen. Gut, dass die Arbeitsgruppe “Frauen in der Metropolregion“ genau das in einer hybriden Veranstaltung getan hat: Am 26. August haben verschiedene Teilnehmer*innen mit Frau Dr. Christina Katz dazu gesprochen. Sie ist Nachhaltigkeitswissenschaftlerin an der Leuphana Universität in Lüneburg und Vorsitzende des Vereins diversu e.V.

Krisen treffen Geschlechter verschieden

Sei es die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine, immer wieder zeigt sich: Krisen sind nicht geschlechtsneutral. Aufgrund unserer meist geschlechtstypischen Sozialisation nehmen die verschiedenen Geschlechter unterschiedliche Rollen in der Gesellschaft ein. Dadurch sind sie verschieden in Care-Arbeit einbezogen, nutzen unterschiedliche Informationssysteme und sind Gewalt in verschiedener Weise ausgesetzt. Das gilt für die gesamte Welt. Schauen wir uns z.B. die derzeitige Energie-Krise an. Diese wird in Deutschland Menschen mit weniger Einkommen härter treffen. Es sind die Menschen, die wenig verdienen und z.B. Alleinerziehende, die auch ohne Energiekrise oft an der Armutsgrenze kratzten. Rein statistisch gesehen, welche wundert’s, sind in diesen beiden Gruppen Frauen mehrheitlich vertreten.

Folgen des Klimawandels

Wenn wir uns die Folgen des Klimawandels anschauen, sehen wir auch, dass diese aufgrund der zugrundeliegenden Strukturen, nicht geschlechtsneutral sind. Das mussten die Frauen aus dem globalen Süden sogar noch früher erfahren, als die Frauen im globalen Norden: Frauen sind von den Folgen des Klimawandels und den damit einhergehenden Naturkatastrophen anders betroffen als Männer.

Erinnert ihr euch an den verheerenden Tsunami in Südostasien 2004?
Die Fluten rissen damals rund vier Mal so viele Frauen wie Männer in den Tod (siehe Spiegelartikel von 2005, basierend auf die Daten von Oxfam). Einige Gründe dafür waren, u.a. dass viele Frauen im Gegensatz zu den Männern nicht schwimmen konnten. Die traditionelle lange und enganliegende Kleidung erschwerte zusätzlich die Flucht. Zum Zeitpunkt der Katastrophe hielten sich viele Frauen außerdem Zuhause auf, kümmerten sich um die Kinder und die Alten und waren auch für deren Flucht verantwortlich. Die meisten Männer der Familien waren zur Zeit der Katastrophe bereits bei der Arbeit und konnten dort auch früher gewarnt werden.

Doch nicht nur bei den plötzlich auftretenden Katastrophen wie einem Tsunami zeigt sich die unterschiedliche Auswirkung auf die Geschlechter. Der Alltag vieler Frauen im globalen Süden musste sich aufgrund der Folgen des Klimawandels bereits ändern: Seien es weitere Strecken zum Wasser holen oder die Versorgung von Kranken.

Aktivist*innen des globalen Südens kritisieren bereits seit den 1990er Jahren, dass der Klimawandel lange nur auf der naturwissenschaftlichen Ebene diskutiert wurde und die sozialen Komponenten – und damit auch der Blick auf geschlechtsspezifische Auswirkungen – lange vernachlässigt wurde.

17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Spätestens mit der Einführung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals – SDG) im Jahre 2016 wurde die Diskussion um die Nachhaltigkeit weiter geöffnet. Die 17 Ziele sollten bis 2030 einen Fortschritt im Bereich der Klima- und Geschlechtergerechtigkeit bringen.

Als Ziel Nummer 5 wird die Geschlechtergerechtigkeit explizit genannt. Aber, wie es sich für ein Querschnittsthema gehört, finden sich Themen aus der Gleichstellungsarbeit in vielen der 17 Ziele:

  • So findet sich unter Ziel Nummer 4 z. B. das Recht auf hochwertige Bildung für alle Menschen,
  • unter Ziel Nummer 8 findet sich die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit
  • und unter Ziel Nummer 3 findet sich der Zugang zu einer geschlechtersensiblen Medizin.

Ansätze vor Ort

Wir stellen uns dann aber immer die Frage: Und jetzt? Was können wir vor Ort tun, um dem etwas entgegen oder hier anzusetzen?

  1. Ganzheitlichkeit: Nachhaltigkeit und Klimaschutz müssen auch hier von der sozialen Seite beachtet werden, nicht nur von einer technischen und/oder ökologischen – nur so sehen wir möglichst viele der Probleme und können dafür Lösungen finden, die auch wiederum zum Leben von Menschen passen. Eine Möglichkeit: Ein Klimaschutzkonzept bereichern durch ein lokales Netzwerk und konkrete, generations- und geschlechtsübergreifende Projekte.
  1. Im kleinen Anfangen: Oft machen auch die kleinen Dinge einen Unterschied. Angefangen beim Wasser und Energiesparen im eigenem Haushalt bis hin zum endgültigen Löschen von nicht mehr benötigten E-Mails, die sonst auf Servern lagern und ständig Energie nutzen.  
  1. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, sich z. B. mit einem Amt in der Kommunalpolitik für die Umsetzung der/aller SDGs im Heimatort einzusetzen.
  1. An der nächsten Veranstaltung hierzu teilnehmen: Das Netzwerk „Frauen in der Metropolregion Hamburg“ plant eine weitere Veranstaltung zum Thema Nachhaltigkeit. Zielgruppe sind hier Personen, die Nachhaltigkeitsziele vor Ort definieren und umsetzen möchten. Solltest du darüber informiert werden wollen, sobald diese steht, melde dich gern bei t.frahm@kreis-pinneberg.de

Ein Beitrag von Tinka Frahm, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Pinneberg, und Eline Joosten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uetersen