Was machen Gleichstellungsbeauftragte eigentlich so? Eine Berufsbeschreibung.

Egal ob auf einer Party, einem Familientreffen oder beim Smalltalk mit Unbekannten: Sobald die Frage aufkommt „was machst du eigentlich beruflich“? ist es klar, dass ich so schnell aus der Unterhaltung nicht herauskomme. Denn kaum jemand kann sich etwas unter dem Beruf der Gleichstellungsbeauftragten vorstellen. Dieser Artikel soll da Abhilfe verschaffen.

Der Arbeitsbereich der Hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein ist durch das Landesgleichstellungsgesetz festgelegt. Die Hauptaufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist es, zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in der Verwaltung und der Kommune beizutragen. Denn obwohl Männer und Frauen heutzutage gleichberechtigt sind, sind die Geschlechter immer noch nicht gleichgestellt.

Für den Bereich der Verwaltung bedeutet das, dass wir intensiv in interne Prozesse der Personalmanagements eingebunden sind. Wir sind an Stellenbesetzungsverfahren beteiligt, müssen Personalsachen zustimmen, veranstalten interne Workshops und schreiben alle Maßnahmen regelmäßig in Frauenförder- bzw. Gleichstellungsplänen nieder. Unser Ziel ist es dabei Arbeitsbedingungen zu schaffen, die kein Geschlecht benachteiligen. Dazu gehört z.B. die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung oder von Home-Office. In vertraulichen Beratungsgesprächen unterstützen wir Kolleg*innen, wenn diese aufgrund Ihres Geschlechts benachteiligt werden. Aber die interne Arbeit geht noch über die Personalabteilung hinaus: Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe, sodass wir in alle Fachbereiche hineinwirken. Kürzlich haben wir zum Beispiel mit einer Fachveranstaltung für eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung geworben. So arbeiten wir intensiv daran, alle  Kolleg*innen der Fachabteilungen für den Gleichstellungsaspekt zu sensibilisieren.

Innerhalb des Rathauses arbeiten wir eng mit den Bürgermeister*innen zusammen, die wir in allen gleichstellungsrelevanten Fragen intensiv beraten. Und natürlich sind wir auch auf der politischen Ebene aktiv: wir engagieren uns in den verschiedenen Ausschüssen der Stadt- und Gemeindevertretungen, in denen wir zum Beispiel Anträge für gleichstellungsrelevante Themen und Projekte einbringen.

Die externe Arbeit für die Bürger*innen in unseren Kommunen ist extrem breit und vielfältig, da Geschlechterungleichheiten in allen Lebensbereichen und vor allem Lebensphasen wirken! Daher haben wir die Belange von Frauen und Mädchen jedes Alters und in jeder Lebenssituation im Blick. Hier ein paar Beispiele: Für werdende Eltern organisieren wir Fachvorträge zum Thema Elterngeld und Elternzeit und beraten rund um das Thema. Mit Kitas und Schulen kooperieren wir z.B. in Bezug auf geschlechtersensible Pädagogik oder Präventionsmaßnahmen rund um die Themen Gewaltfreiheit, Selbstbehauptung und sexuelle Selbstbestimmung. Zusammen mit der Orts- oder Stadtjugendpflege arbeiten wir an Konzepten für die Mädchenarbeit. Für erwachsene Frauen werden dann natürlich andere Themen relevant: Berufsorientierung und Karriereplanung spielen hier eine große Rolle. Seit Jahren bieten wir zusammen mit FRAU und BERUF eine professionelle Beratung für Frauen an, die sich umorientieren wollen. Ganz zentral und auch mit der Erwerbsarbeit verknüpft ist der Bereich der privaten Sorgearbeit. Da Frauen immer noch einen Großteil dieser übernehmen sind sie oft überlastet. Wir arbeiten daran, dass die Erwerbs- und Haushaltsarbeit zwischen den Geschlechtern fairer aufgeteilt wird – zuletzt zum Beispiel mit einem Fachvortrag zum Thema „Mental Load“ am Equal Care Day. In späteren Lebensjahren wird oft noch einmal das Thema Trennung und Scheidung relevant. Auch zu dem Thema bieten wir Frauen Beratung und regelmäßige Fachvorträge an.

Eines der Kernthemen der Gleichstellungsbeauftragten ist nach wie vor der Schutz vor Gewalt. Mit der Themenwoche „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ machen wir jährlich im November auf das Thema aufmerksam und sammeln Spenden für regionale Beratungsstellen und Frauenhäuser. Um dem enormen Anstieg an häuslicher Gewalt durch den Lockdown etwas entgegenzusetzen, haben wir zuletzt die kreisweite Kampagne „Kreis Pinneberg ist stärker als Gewalt“ initiiert. Auch der Bereich der sexuellen Selbstbestimmung und der Frauengesundheit wird immer ein Kernthema sein. Hierzu organisieren wir Fachveranstaltungen in der Frauengesundheitswoche im Oktober.

Gerade im Pandemiejahr müssen wir flexibel und spontan auf aktuelle gesellschaftliche und politische Veränderungen reagieren. Aber auch langfristige Wandlungsprozesse betreffen unsere Arbeit. So stellt uns zum Beispiel auch die Digitalisierung von Arbeit und Leben vor neue Herausforderungen, eröffnet aber und neue Möglichkeiten: mit dem neuen Blogformat lotsinnen.de haben wir eine digitale Plattform ins Leben gerufen, die über Feminismus und Gleichstellung im Kreis informiert. Gleichzeitig ergibt sich mit dem Internet ein weiterer Raum, in dem vor allem Frauen digitaler Gewalt ausgesetzt sind.

Mädchen und Frauen über Ihre Rechte und Möglichkeiten zu informieren ist eine der wichtigsten Aufgaben für uns. Hierzu bieten wir offene Sprechstunden und Informationsmaterial an. Frauen und Mädchen dabei zu unterstützen, ein selbstbestimmtes und freies Leben führen zu können, stellt für viele von uns die wichtigste Motivation dar, täglich an den Schreibtisch zu gehen. Gleichzeitig wird es in dem Beruf der Gleichstellungsbeauftragten nie langweilig: die Themen sind so vielfältig, wie das Leben selbst.

Ein Beitrag von Nina Timmermann, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Rellingen