Raus aus der „Mental-Load-Falle“ mit Laura Fröhlich

Welche Mutter kennt es nicht: Man sitzt im Büro, aber anstatt sich auf den Job zu konzentrieren, kreisen die Gedanken um die heutige Einkaufsliste, anstehende Arzttermine für die Kinder und die Frage, was der Sohn als Geschenk für den Kindergeburtstag nächste Woche mitnehmen kann. Viele kleine To-Dos schwirren im Kopf herum und werden in der Summe zu einer echten mentalen Belastung: zu einem „Mental Load“. Die Expertin Laura Fröhlich beschreibt dies auch als die „Last-des-dran-denken-müssens“ in Bezug auf alle Aufgaben, die innerhalb der Familie und des Haushalts anfallen. Vor allem Familien mit (kleinen) Kindern leiden darunter, denn sie müssen Erwerbsarbeit, Familienorganisation, Haushaltsarbeit und die Pflege von Kindern oder Angehörigen täglich bewältigen und miteinander kombinieren. Insbesondere erwerbstätige Mütter werden so zu regelrechten Familienmanagerinnen und gelangen schnell an ihre mentale Belastungsgrenze. Doch wieso ist Mental Load überhaupt zu einem Thema und auch zu einem Problem – vor allem für Frauen – geworden?

Im Rahmen eines digitalen Vortrags anlässlich des Equal-Care-Days 2021 erklärte Laura Fröhlich nicht nur die Gründe für die ungleiche Verteilung von Erwerbs- und Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern. Als Autorin des Ratgebers „Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles. Was Eltern gewinnen wenn sie Mental Load teilen“ gab die 3-fache Mutter und Expertin vor allem praktische Tipps, wie Paare der „Mental-Load-Falle“ entkommen können.

Die Gründe? Ein historischer Exkurs

Um den Umstand zu erklären, machte Laura Fröhlich einen kurzen historischen Exkurs: Vor der Industrialisierung war die Erziehungsarbeit eher auf die Großfamilie oder die (Dorf-) Gemeinschaft und somit auf mehrere Personen verteilt. Mit dem Ausbreitung des Kapitalismus entstand das Ideal der Kleinfamilie, an das eine Aufteilung der verschiedenen Arbeitsbereiche qua Geschlecht gebunden ist: Der Mann ist für die entlohnte Erwerbsarbeit, die Frau für die unentlohnte Sorge- und Haushaltsarbeit zuständig. Mit der Aufteilung in vermeintlich ‚produktive‘ Erwerbsarbeit und ‚unproduktive‘ Haushaltsarbeit ging auch eine Unsichtbarmachung letzterer einher. Seitdem wird Haushaltsarbeit gar nicht mehr als Arbeit anerkannt. Frauen von heute sind zunehmend erwerbstätig und übernehmen dabei – so zeigt es auch der Gender-Care-Gap – immer noch einen Großteil der Sorge- und Haushaltsarbeit, weil die Rollenverteilung so hartnäckig ist. Als Folge haben sie weniger Ressourcen für ihre Erwerbsarbeit, weniger Zeit für Hobbies und weniger Möglichkeiten sich zu erholen – was nicht selten in einer physischen und psychischen Überlastung endet. Hinzu kommt, dass die Erwartungen an Mütter gestiegen sind: Der Geburtstagskuchen sollte selbstgebacken und der Adventskalender am besten auch noch selbst gebastelt und persönlich gestaltet sein. Auf Dauer kann das nicht gut gehen. Die Gleichstellungsbeauftragte appelliert an die Eltern: „Für die Kinder ist ein selbstgebastelter Adventskalender zwar kurzfristig schön, aber auf Dauer ist es wichtiger gesunde und ausgeglichene Eltern zu haben.“ So kommen wir auch schon zu einem ersten Schritt.

Praktische Tipps

  • Ansprüche überdenken: Sie rät Eltern dazu gemeinsam die eigenen Ansprüche zu überdenken und dabei auch gegebenenfalls die Kinder miteinzubeziehen: Welche Eigenschaften sind für mich als Mutter und mein Kind wirklich wichtig? Dabei geht es darum, den eigenen Perfektionismus zu überwinden und vor allem zu lernen auch einmal „Nein“ zu möglichen Aufgaben sagen. Die Aufgabe der Elternvertreterin in der Schule kann vielleicht lieber jemand übernehmen, der dafür mehr Ressourcen hat. Und auch wenn die geschlechtsspezifische Sozialisation vor allem Frauen dazu erzieht, immer „Ja“ zu sagen, ist ein „Nein“ auch vollkommen in Ordnung und auf lange Sicht sinnvoller!
  • Unsichtbare Arbeit sichtbar machen: Welche To-Dos schwirren mir den ganzen Tag überhaupt im Kopf herum und halten mich z.B. von der Erwerbsarbeit ab? „Am besten haben Sie immer Post-Its bei sich, auf die sie alle Aufgaben und Gedanken notieren können. Nach ein paar Tagen sammeln sie diese alle auf einem Poster. Nun wird der Mental Load erstmals sichtbar!“ so Laura Fröhlich. Ein weiterer Schritt kann sein, all diese Aufgaben in einer Tabelle zusammenzutragen. Hier wird ergänzt, wie viel Zeit die Aufgaben in Anspruch nehmen und nun kann zusammen mit dem/der Partner*in entschieden werden, wer zukünftig für die Aufgaben verantwortlich ist. (Ein Vorlage stellt Laura Fröhlich hier: Die ultimative Steuerboard-Liste – Heute ist Musik zur Verfügung) Dies klingt auf den ersten Blick selbst wieder nach einer Menge Arbeit, kann aber dazu führen, dass die Aufgaben zukünftig fairer verteilt und der überforderte Partner*in entlastet wird.
  • Aufgaben abgeben, auch wenn es schwer fällt: Die Aufgaben, die abgegeben wurden, sollten dann aber auch vertrauensvoll dem/der Partner*in überlassen werden, was allerdings vielen Müttern schwer fällt: „Der Begriff ‚Maternal-Gate-Keeping‘ beschreibt, dass Mütter von ihren Aufgaben nicht loslassen können und es ihnen schwer fällt die Kontrolle abzugeben. Seien Sie da geduldig mit sich. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht!“ empfiehlt Laura Fröhlich.
  • Wöchentliches Familien-Meeting: Ein weiterer Tipp, der die Familienorganisation erheblich erleichtern kann ist ein wöchentliches kurzes Meeting, bei dem alle aktuellen Aufgaben verteilt und gegebenenfalls Änderungen besprochen werden können. Nach einiger Zeit werden diese Treffen zu Routine und brauchen bei Laura Fröhlich zu Hause mittlerweile nur noch zehn Minuten. Letztendlich wird in der Diskussion aber noch einmal sichtbar, dass sich durch die Corona-Situation die Lage bei vielen Familien drastisch verschärft hat und viele Eltern momentan gar keine Zeit haben, um das Problem „Mental Load“ anzugehen. Dies ist mehr als verständlich. Aber es wird auch wieder eine Zeit nach Corona geben, in der die Familien wieder etwas entlasteter sind. Bei der Umsetzung ihrer Tipps rät die Expertin auch nochmal zu Geduld: Geduld mit sich selbst und seinen Familienangehörigen. Der Ausweg aus der „Mental-Load-Falle“ ist eben kein weiterer Termin im Kalender, sondern ein längerer Prozess.

Homepage von Laura Fröhlich: Referentin für Mental Load – Laura Fröhlich – Referentin für Mental Load (froehlichimtext.de)
Blog von Laura Fröhlich: https://heuteistmusik.de
Buch von Laura Fröhlich: „Die Frau fürs Leben ist nicht Mädchen für Alles. Was Eltern gewinnen wenn sie den Mental Load teilen“ erschienen im Kösel Verlag 2020.

Ein Beitrag von Nina Timmermann, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Rellingen