So geht #ankreiden – @catcallsof

Ich finde es spannend die sozialen Medien zu beobachten und wollte gern einen Beitrag dazu schreiben. Nicht erst seit #metoo zeigt diese Art der digitalen Kommunikation neue Möglichkeiten auf, sich zu vernetzen und auf bestehende Probleme und Belange aufmerksam zu machen. Die Bewegung, die ich euch heute vorstellen möchte, ist die @catcallsof-Bewegung.

Während des Stöberns auf Instagram für eine Umfeldanalyse in einem anderen Projekt bin ich auf die lokale Seite der @catcallsofkiel gestoßen. Mit Hilfe von Straßenmalkreide werden Fälle von (verbaler) sexueller Belästigung/Gewalt im öffentlichen Raum meistens direkt am Ort des Geschehens geschrieben, abfotografiert und auf Instagram hochgeladen. Zusätzlich wird entweder im Begleittext oder in einem Screenshot die angekreidete Situation genauer beschildert.

Ich kannte das größere Projekt zwar schon und war dort schon digital in Hamburg oder München unterwegs, aber diese Bilder, Geschichten und das Ankreiden in Kiel taten was mit mir. Weil ich zum Studium in Kiel gewohnt habe, kenne ich viele Orte und soziale Räume, über die dort berichtet wird.

Was ist „catcalling“?

Kennst du das vielleicht? Du gehst über die Straße und aus dem Nichts pfeift dir jemand hinterher. Meistens kennst du die Person nicht. Das Gefühl, was dann bei mir entsteht, ist nicht unbedingt ein angenehmes. Ich fühle mich bedrängt und je nach Situation manchmal auch unsicher oder genervt. Das spricht dafür, dass ich es nicht als „Kompliment“ wahrnehme, obwohl es vielleicht harmlos erscheint. Gewählt habe ich bewusst ein gefühlt eher „harmloses“ Beispiel, u.a. weil ich diese Form der Kommunikation hier nicht reproduzieren möchte. Das es auch anders geht, wissen die Meisten. Viele kennen vermutlich selbst weitaus schlimmeres. Genau diese Situation beschreibt das englische Wort „Catcalling“.

Wenn wir über solch „sexuell anzügliches Rufen, Reden, Pfeifen oder sonstige Laute im öffentlichen Raum“ (Definition von Catcalling bei Wikipedia) sprechen, hat das nichts mit Komplimenten zu tun. Catcalling ist ein englischer Begriff der sowohl diesen Situationen als auch dem Machtgefälle in dem Ausruf einen Namen gibt. Es ist verbale sexuelle Belästigung, die in einigen Ländern bereits als Straftat gilt. Auch in Deutschland gibt es eine Initiative, die hierzu erfolgreich eine Petition auf dem Weg gebracht hat. Diese Petition hat mittlerweile genug Stimmen gesammelt und wird aktuell weiterbearbeitet (mehr Informationen unter www.openpetition.de).

@catcallsof… – #chalkingback in den sozialen Medien

Eine andere Art des Ankreidens ist die @catcallsof-Bewegung. Gestartet ist die Initiative in New York. Hier gab es den ersten Instagram-Account @catcallsofnyc. Danach kamen immer mehr Initiativen hinzu, die auf Catcalling und andere Formen der sexuellen Belästigung/Gewalt im öffentlichen Raum aufmerksam machen. Meistens werden sie gestartet von jungen Menschen. Im Namen haben sich die Initiativen immer dem Original angepasst. In unserer Umgebung gibt es @catcallsofgermany, @catcallsofkielcity, @catcallsofflensburgg und immerhin drei Hamburger Accounts: @catcallinghamburg, @catcallsofham und @catcalls.hamburg. Die Vielzahl der Accounts zeigt, wie weitverbreitet (verbale) sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum ist (www.chalkback.org). Ganz neu ist im Mai auch die Seite aus Itzehoe @catcallsofitzehoe hinzugekommen.

Hervorhebens wert an dieser Darstellungsform ist, dass Betroffene ihre Geschichte anonym veröffentlichen können und ihnen somit eine Stimme gegeben wird. Mit über 80 Beiträgen und über 2100 Abonnent*innen ist @catcallsofkielcity mittlerweile eine ziemlich große Plattform. Gemeinsam mit anderen weisen sie auf ein Problem hin – sowohl lokal als auch global, digital und analog. Denn solange der Regen das Angekreidete nicht weggewischt hat, bleibt es direkt vor Ort sichtbar. Digital wird es nie vergessen.

Ein Beitrag von Eline Joosten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uetersen