Schwanger… und was nun?

Auf ein „Ich bin schwanger“ folgt häufig automatisch und ungefragt ein „Herzlichen Glückwunsch“. Doch nicht immer ist eine Schwangerschaft unmittelbar ein Grund zur Freude. Die Schwangerenberatungsstellen im Kreis bieten allen Schwangeren Gespräche an: Egal ob ein Baby gewollt oder nicht gewollt ist, oder ob es sonst noch was zu bedenken gibt. Heute sprechen wir mit Mirjam Bergfeld (AWO) über Beratung, Schwangerschaft und was um alles in der Welt hinter dem sperrigen Begriff „Schwangerenkonfliktberatung“ steckt.

Liebe Frau Bergfeld, welche Themen begegnen Sie am häufigsten in der Schwangerenberatung? Haben sich diese in den letzten Jahren geändert?

Die Beratung zur Schwangerschaft ist vielfältig. Da gibt es Fragen zu Kinderwunsch, welchen Frauenarzt oder Frauenärztin kann ich wählen, Gewalt in der Beziehung oder Paarprobleme. Wir begleiten und unterstützen nach einer Tod- oder Fehlgeburt, aber auch nach einem Schwangerschaftsabbruch. Auch während der Schwangerschaft unterstützen wir bei psychischen Schwierigkeiten.

Es kommen Fragen zu sozial- und familienrechtlichen Themen, wie Vaterschaftsanerkennung und Sorgerecht oder die Frage nach finanzieller Unterstützung. Einige Frauen wissen nicht wie sie ihre Verhütung bezahlen sollen. Seit März 2020 stellt der Kreis Pinneberg Gelder für verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln zur Verfügung.  Frauen die eine soziale Leistung erhalten oder ein zu geringes Einkommen haben, können über uns einen Antrag für eine Kostenübernahme stellen.

Oft wissen Schwangere nicht, welche Rechte sie gegenüber ihren Arbeitgeber haben. Wir informieren viel zum Thema Elterngeld und Elternzeit. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist nicht immer gleich für die werdenden Eltern verständlich. Wir beobachten, dass die Frauen viel früher wieder in den Job zurückkehren. Die Familien können es sich nicht leisten, dass ein Elternteil länger als ein Jahr zu Hause bleibt.

Zu dem kommt der schwierige Wohnungsmarkt. Die jungen Familien oder alleinstehenden Frauen finden keinen bezahlbaren Wohnungsraum.

Die Pandemie hat alles nur noch verstärkt. In dieser Zeit verlor die Schwangere oder die Familie den Lebensunterhalt und war /ist gezwungen sich an das Jobcenter zu wenden. Für viele ein schwieriger Schritt.

In folgenden Städten im Kreis Pinneberg gibt es Schwangerenberatungsstellen – Links zu den jeweiligen Beratungsstellen sind direkt hinterlegt:
Elmshorn: Diakonie, SKF, Frauenberatung-Elmshorn
Barmstedt: Diakonie
Pinneberg: Donum Vitae und AWO
Uetersen, Wedel und Quickborn werden von AWO Pinneberg mit betreut. Dort findet Beratung nur nach terminlicher Absprache statt.

Welche Altersgruppe sucht den Weg zu Ihnen, sind es hauptsächlich junge Frauen oder Frauen, die bereits Mütter sind?

Es kann nicht pauschal eine Gruppe festgelegt werden. Wir haben Frauen aus allen Altersstufen und sozialen Bereichen.  Es ergibt sich ein natürlicher Schwerpunkt auf Frauen im Altern von 24-35 Jahren, da hier die Familienplanung aktuell ist. Frauen mit und ohne Kinder; alleine oder mit Partner.

Jede Frau ist individuell und wird dem entsprechend beraten.

Das Wort Schwangerenkonfliktberatung ist ja recht sperrig. Was genau steckt dahinter? Und was hat die Bescheinigung nach § 219 SchKG damit zu tun?

Die Schwangerschaftskonfliktberatung soll Frauen helfen, sich bei einer ungeplanten oder ungewollten Schwangerschaft klar zu werden, welchen Weg sie gehen möchten. Im Gespräch wird das Für-und-Wider betrachtet und die Folgen besprochen. Die Entscheidung bleibt aber letztendlich bei der Frau.

Mit der Bestätigung einer Schwangerschaft durch eine Gynäkologin oder einen Gynäkologen und der Bescheinigung nach einer psychosozialen Beratung mit Themen wie, Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung und allgemein zur Schwangerschaft, kann die schwangere Frau einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen, ohne strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen.

Diese Entscheidung trifft keine Frau leichtfertig!

Was geben Sie Frauen mit auf den Weg, wenn sie auf eine Schwangerschaft mit ambivalenten Gefühlen reagieren?

Oft hilft schon das Gespräch. Die Gedanken in Worte fassen hilft den Denkprozess zu entwickeln und  eine Tendenz zu finden. Ein weiteres Hilfsmittel ist das Pro und Kontra aufzuschreiben. Das Gespräch mit einer vertrauten Person außerhalb der Beziehung gibt der Situation einen neuen Blickwinkel. Und letztendlich das Klassische „eine-Nacht-darüber-schlafen“ nach dem wir miteinander gesprochen haben.  In der Beratung besteht nicht der Anspruch, dass die Frau eine Entscheidung findet.

Zu Hause, für beide Wege vorbereitet (sie hat alle Papiere für den Abbruch), kann sie in aller Ruhe ihre Entscheidung finden.

Herzlichen Dank für das Interview!

Ein Beitrag von Eline Joosten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uetersen