Mehr Männer in Teil- und Elternzeit! Aber wie?

Anlässlich des Equal Care Days 2024 hat Dr. Marc Gärtner vom Bundesforum Männer in einem Fachinput berichtet, was Betriebe und Organisationen tun können, damit Männer vermehrt in Elternzeit gehen und mehr Sorgearbeit übernehmen.

Gender Care Gap, Gender Pay Gap und Gender Pension Gap – diese sperrigen Begriffe belegen anhand von Zahlen, dass Frauen nach wie vor einen Großteil der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen, daher weniger Einkommen und später auch wenige Rente haben. Um diesen „Teufelskreis der Gender Gaps“ zu durchbrechen, wie Referent Dr. Marc Gärtner es beschreibt, müssen mehr Männer Sorgearbeit übernehmen. Darauf will auch die bundesweite Initiative Equal Care Day aufmerksam machen. Fragt man Menschen nach ihren eigenen Wünschen, zeigt sich, dass der Anteil an Paaren, die eine faire Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit wollen, immer mehr zunimmt. Natürlich gibt es nach wie vor auch Paare, die in traditionellen Arrangements leben, das heißt der Mann ist der Familienernährer und die Frau in erster Linie Hausfrau und Mutter.

Vor allem wenn Kinder in die Familie kommen, rutschen Paare in diese traditionellen Rollenverteilung.[1] Bei Paaren, die von vornherein darauf achten, dass der Vater aktiv das Kind betreut – indem er zum Beispiel mehr als die obligatorischen 2 Monate Elternzeit nimmt – stellt sich langfristig gesehen ein viele fairere Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit ein. Auch das haben Studien belegt.[2] Daher ist es auch für uns als Gleichstellungsbeauftragte ein Wunsch, dass mehr Männer in Elternzeit gehen. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die die Entscheidung für oder gegen die Elternzeit bei Männern beeinflussen. Neben den Rollenbildern spielt bei vielen Paaren auch das Einkommen eine Rolle. Meist verdient der Mann mehr als die Frau, sodass das Elterngeld dann höher ist.

Zur Person: Dr. Marc Gärtner ist Sozial- und Kulturwissenschaftler. Er arbeitet als Referent für internationale Gleichstellungspolitik beim Bundesforum Männer und ist Vorstandsmitglied von EAF Berlin. Dr. Marc Gärtner promovierte 2011 zu Männern und Familienvereinbarkeit in Institutionen und forscht bis heute zum Thema.

Doch was können Betriebe und Organisationen tun, damit mehr Männer ihr Recht auf Elternzeit wahrnehmen oder ihre Arbeitszeit reduzieren, um Angehörige zu pflegen? Darum ging es in diesem Fachimpuls, in dem auch Personalreferent*innen aus der Verwaltung und der Wirtschaft anwesend waren. Erstmal braucht es Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, ortsunabhängiges Arbeiten oder Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit. Viele Betriebe bieten diese schon an, oft fühlen Männer sich davon aber nicht angesprochen. Gerade in Unternehmen, in denen eine eher konservative Kultur herrscht, werden diese Maßnahmen eher mit Müttern assoziiert. Daher empfiehlt Gärtner, Männer bewusst als Zielgruppe für diese Maßnahmen anzusprechen. In der internen Unternehmenskommunikation kann man das schon durch kleine Veränderungen in den Formulierungen oder im Bildmaterial bewirken.

Ferner könnte bei einem werdenden Vater die Führungskraft aktiv auf den Mitarbeiter zugehen und ihn über seine Möglichkeiten zur Elternzeit informieren. Generell komme den Führungskräften im Unternehmen eine sehr zentrale Rolle zu. Sie sind auf der einen Seite mit ihrem eigenen Verhalten Vorbilder. Wenn der Chef selbst in Elternzeit gegangen ist, dann fühlen sich Mitarbeiter dazu auch eher ermutigt. Auf der anderen Seite sind sie auch Gatekeeper dafür, ob Maßnahmen bei den Beschäftigten überhaupt ankommen und von Ihnen auch in Anspruch genommen werden.

Neben den Führungskräften sollten noch weitere Mitarbeitende als Ansprechpersonen für Themen der Vereinbarkeit auch für Männer zur Verfügung stehen. Das können zum Beispiel Mitarbeitende in der Personalabteilung oder auch Gleichstellungs- oder Familienbeauftragte sein. Denn auch wenn den Führungskräften eine zentrale Rolle zukommt, sollte es noch weitere Wege geben, für den Fall, dass die Führungskräfte nicht mitziehen.

Letztendlich, und das zeigt auch die Diskussion zwischen den Teilnehmenden der Veranstaltung, müssen bestehende Maßnahmen und Rechte auch gelebt werden und das hat ganz viel mit der Unternehmenskultur zu tun. Diese zu verändern, zum Beispiel durch Trainings oder Workshops für die Führungskräfte, ist nicht unmöglich, aber dauert manchmal sehr lange. Weitere Maßnahmen zur Unterstützung von Männern, die Sorgearbeit übernehmen wollen, haben Dr. Marc Gärtner und ein internationales Forschungsteam einem Leitfaden für Arbeitgeber*innen zusammengefasst.

[1] BMFSFJ: Kinder, Haushalt, Pflege – wer kümmert sich? Dossier zur gesellschaftlichen Dimension einer privaten Frage. Berlin 2020, S. 28.

[2] BMFSFJ: Väterreport 2023. Entwicklungen und Daten zur Vielfalt der Väter in Deutschland. Berlin 2023.

Weiterführende Literatur:

VAPRO Abschlussbericht: You don’t need to be Superhereos: Einblicke in die vielfältigen Lebenslagen von Vätern. (Technische Universität Braunschweig, 2023)

Aunkofer, Stefanie: Väter in Elternzeit. (Nicht-) Anerkennung von Familien- und Erwerbsarbeit bei Paaren. (Beltz-Juventa, 2023)

Scholz, Sylka und Heilmann, Andreas: Caring Masculinities? Männlichkeiten in der Transformation kapitalistischer Wachstumsgesellschaften. (Oekom Verlag 2019)

Ein Beitrag von Nina Timmermann, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Rellingen.