Lasst uns über Politik reden…

Heute, zum internationalen Frauentag möchten wir mit euch über Politik sprechen. Warum? Im Mai sind in Schleswig-Holstein Landtagswahlen. Es ist also ein guter Zeitpunkt um frauenpolitische Forderungen zu formulieren. Die hauptamtlichen kommunalen Gleichstellungsbeauftragten aus Schleswig-Holstein haben die fünf wichtigsten gleichstellungpolitischen Forderungen an den zukünftigen Koalitionsvertrag zusammengefasst.

1. Gewaltfrei leben: Umsetzung der Istanbul-Konvention

Die Istanbul-Konvention ist ein völkerrechtlich verbindliches Dokument des Europarates zur Bekämp-fung jeglicher Form von Gewalt gegen Frauen. Die Istanbul-Konvention verpflichtet zur Anpassung des Hilfesystems und zur Schließung von Lücken im Hilfesystem. Sie hat die strukturellen Ursachen von Gewalt gegen Frauen im Blick und macht deutlich, dass ungleiche Machtverhältnisse und struk-turelle Benachteiligungen der Nährboden für Gewalt gegen Frauen und Mädchen sind.
Deswegen fordern wir eine konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention in Schleswig-Holstein.

2. Alle im Blick: Gleichstellung als Querschnittsthema im Koalitionsvertrag

Ob Bauen, Soziales, Gesundheit oder Wirtschaft – gleichstellungsrelevanten Fragestellungen finden sich in jedem Ressort der Landespolitik. Wie viel Geld geht in Kitas und welche Standards werden zugrunde gelegt? Wie wird gesichert, dass wohnortnah Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden können? Welche Mittel der Wirtschaftsförderung werden bereitgestellt, um Frauen beim beruflichen Wiedereinstieg Beratung anbieten zu können? Damit die Vorhaben einer zukünftigen Landesregierung von Beginn möglichst viele Menschen erreichen, muss die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern von Beginn an am besten überall berück-sichtigt werden.
Deswegen fordern wir das Gleichstellung als Querschnittsthema im Koalitionsvertrag festgehalten wird.

3. Die Mehrheit beteiligen: Paritätische Besetzung in alle relevanten Positionen

In Aufsichtsräten, Vorstandssitzungen und anderen Gremien werden Entscheidungen getroffen, die sich auf die Lebenswirklichkeit von vielen Menschen auswirken können. Frauen sind in diesen Gremi-en unterdurchschnittlich vertreten. Noch sind unsere Lebenswirklichkeiten zu unterschiedlich, um auf die Erfahrungen aller zu verzichten, zumal wenn sie die Mehrheit im Land darstellen. Sähen Entscheidungen anders aus, wenn die Lebenswirklichkeit von Müttern, Frauen mit Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen, Alleinerziehenden, die unter der Armutsgrenze leben, berücksichtigt wird? Wir denken ja.
Deswegen fordern wir die paritätische Besetzung in allen relevanten Positionen.

4. Faire Arbeitsbedingungen: Novellierung des Gleichstellungsgesetzes

In den 1990zigern wurden die Verwaltungen in Schleswig-Holstein mit Computern ausgestattet, das Internet erlebte seinen Durchbruch, Handys wurden erschwinglich und der Landtag verabschiedete das „Gesetz zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst“. Damals ein echter Meilenstein, heute leider veraltet. Faire Bedingungen brauchen alle Menschen, die arbeiten. Wir haben als Gleichstellungsbeauftragte einen besonderen Auftrag, die Gleichstellung in den Verwaltungen zu unterstützen. Dafür benötigen wir ein aktuelles Gesetz: schlank, pragmatisch, zielführend und angepasst an die heutigen Lebensrealitäten.
Deswegen fordern wir eine Novellierung des Gleichstellungsgesetzes.

5. Zielstrebig von Anfang an: Prüf-Auftrag für alle Landesgesetze und -verordnungen

Wirken sich Gesetze, Verordnungen und Finanzplanungen eigentlich unterschiedlich auf die Lebens-realitäten von Männern und Frauen aus? Gibt es Vorhaben, die eher für Männer interessant sind? Macht es vielleicht Sinn, sich schon in der Planungsphase mit den unterschiedlichen Auswirkungen auf Männer und Frauen zu befassen? Wir finden ja und das Analyseverfahren Gender Mainstreaming ist zum Beispiel in Skandinavien ein bewährtes Instrument dafür.
Deswegen fordern wir Prüf-Aufträge für alle Landesgesetze und -verordnungen.

Mehr zu den frauenpolitischen Eckpunkten der Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten findet ihr in der Broschüre „Wat mutt, dat mutt“.
Weitere Infos zur Umsetzung der Istanbul-Konvention: https://www.ab-jetzt.org/

Ein Beitrag von Tinka Frahm, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Pinneberg.