„Geburtshilfe in Schleswig-Holstein – Wie gut sind wir versorgt?“

Dieser Frage sind wir auf der öffentlichen Veranstaltung am 6. Juli 2023 im Rahmen der Vollversammlung der Gleichstellungsbeauftragten in Schleswig-Holstein nachgegangen. Mit dabei aus unserem Kreis waren Tinka Frahm, Magdalena Drexel, Eline Joosten und Anja Dankworth. Mit der Veranstaltung wurde der Frage nachgegangen, was gerade in der Geburtshilfe in Schleswig-Holstein passiert, was für eine flächendeckende Versorgung in der Zukunft notwendig ist, wie die klinische und außerklinische Versorgung besser verzahnt werden kann und wie Qualität trotz fehlender Fachkräfte machbar ist.

Schließung von Entbindungsabteilungen

In den letzten 10 Jahren schlossen verschiedene Entbindungsabteilungen in Schleswig-Holstein, allein in 2022 fünf Abteilungen. Diese Entwicklung ist noch nicht beendet – das Marienkrankenhaus in Lübeck kündigte jüngst die Schließung seiner Geburtenabteilung zum 09. Juli 2023 an. Auch die außerklinische Geburtshilfe wurde deutlich reduziert. Das hat viele Frauenverbände im Lande alarmiert, viele Schwangere verunsichert, zumal dies von mehreren Insolvenzen namhafter Traditions-Krankenhäuser und landesweiten Protestaktionen gegen die Unterfinanzierung und den Pflegekräftemangel im Gesundheitswesen im Juni 2023 begleitet wurde.

Jährlich kommen in Schleswig-Holstein rund 25.000 Kinder zur Welt. Diese Geburten müssen irgendwo in Ruhe stattfinden können. Sie sind selten so planbar, wie durchgetaktete Klinikabläufe und entsprechender Kostendruck das vorsehen. „Eine Konzentration auf nur noch wenige Klinikstandorte ermöglicht zwar eine gute medizinische Versorgung bei spezifischen Komplikationen. Dies verlängert aber auch die Wege und erschwert die Versorgung der Schwangeren, wenn während der Schwangerschaft Komplikationen auftreten und abgeklärt werden sollen“, so Utta Weißing, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Harrislee und LAG-Sprecherin.

Wie es anders gehen kann

Zum besseren Verständnis des Ist-Zustandes gab Dr.in Doris Scharrel (Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Frauenärzte, Mitglied im „Qualitätszirkel Geburtshilfe SH“) einen Überblick über die Grundzüge der klinischen Versorgung: „Es ist Aufgabe einer Landesregierung, gemeinsam mit den Kreisen und kreisfreien Städten für die Sicherstellung der Versorgung der Menschen in Schleswig-Holstein mit stationären Krankenhausleistungen zu sorgen, und dabei eine größtmögliche medizinische Sicherheit zu gewährleisten. Für die aktuelle Verteilung der Geburtsstationen mit verschiedenen Versorgungslevel gibt es gute medizinische Gründe“, ist Scharrel überzeugt. Die Schließungen der letzten Zeit und weitere Wege beeinträchtigen ihrer Meinung nach, nicht wesentlich die insgesamt gute medizinische Versorgung. Eine Neuausrichtung der Geburtshilfe sei dennoch -wie im gesamten Gesundheitswesen- auch deshalb unausweichlich, um künftig trotz fehlender Fachkräfte alle Schwangeren und Neugeborenen gut versorgen zu können.

Danach legte Anke Bertram (Vorsitzende des schleswig-holsteinischen Hebammenverbandes und ebenfalls Mitglied im „Qualitätszirkel Geburtshilfe SH“) die Sicht der Hebammen auf die gegenwärtige Lage sowie die Möglichkeiten der außerklinischen Geburtshilfe dar: „Ziel der Arbeit von Hebammen ist eine gute Versorgung von Mutter und Kind in der Schwangerschaft, eine wohnortnahe sichere Geburtshilfe und eine gute Betreuung der Familien nach der Geburt. Nicht jede Geburt bedarf der Aufnahme in ein Krankenhaus, aber es braucht die Nähe und Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern bei Bedarf. Bei der Neuausrichtung des Gesundheitswesens muss die außerklinische Geburtshilfe endlich mehr berücksichtigt werden, und da müssen wir neue Strukturen denken“, so Bertram. Schwangere und ihre Angehörigen wünschen sich naturgemäß beides: eine fachkundliche Begleitung und Vorbereitung auf die Geburt und während der Zeit danach und größtmögliche medizinische Sicherheit bei Komplikationen.

In der sich anschließenden Diskussion mit Frau Dr.in Scharrel und Frau Bertram ging es den 70 Zuhörenden vor allem um Fragen nach einer qualifizierten, flächendeckenden Zusammenarbeit von ärztlich geleiteten klinischen Geburtsstationen, hebammengeleiteten Kreißsälen und außerklinischen Angeboten, die für Schleswig-Holstein mit seinen geographischen Besonderheiten wichtig sei. Die anstehenden Bundes-Reformen im Gesundheitswesen sähen allerdings weitere Einschnitte vor.

„Wir fordern die Landesregierung auf, bei Planungen für die besonderen Bedingungen in Schleswig-Holstein Wege zu suchen, wie neben der krankenhausplanerischen Geburtshilfe von Neonatologischen Zentren LEVEL I bis zu hebammengeleiteten Kreißsälen auch hebammengeleitete Einrichtungen wie zum Beispiel Geburtshäuser wieder stärker mitgedacht werden können“, erklärt Utta Weißing abschließend.

Und wie sieht’s im Kreis Pinneberg aus?

Wenn dich das interessiert, empfehlen wir einen Blick in den kürzlich erschienenen Gesundheitsbericht des Kreises Pinneberg 2023 (ist verlinkt). Auf Seite 191-192 wird genauer auf die Versorgung rund um die Geburt eingegangen.

Eine Pressemitteilung der LAG-Gleichstellung-SH, bearbeitet von Eline Joosten, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uetersen