Für manche ist es die schönste und gemütlichste Zeit des Jahres, für andere einfach nur purer Stress: die Weihnachtsfeiertage. Neben innigen Momenten mit der Familie und Freund*innen bescheren diese uns nämlich vor allem eines: eine ganze Menge Arbeit! Wie wir Weihnachten entspannter verbringen und feministischer feiern können, will dieser Artikel untersuchen.
„Essen wir dieses Jahr wieder Gans oder leben jetzt mittlerweile alle Kinder vegetarisch? Wo übernachten die Tanten und Onkels? Lassen wir uns vorher alle testen? Und hoffentlich streiten sich die Jäger in der Familie nicht wieder mit den Fridays-For-Future Enkelkindern über die Klimakrise!“ Aufgaben über Aufgaben und Fragen über Fragen, über die sich jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit Familien die Köpfe zerbrechen. Dabei sind es vor allem die weiblichen Familienmitglieder, die Omas, Mütter und Töchter, die das Weihnachtsfest im Vorfeld planen, während der Feiertage das Essen kochen und dazu auch noch für gute Stimmung sorgen!
An Weihnachten kommt auf weibliche Familienmitglieder besonders viel Arbeit zu. Vor allem Haushaltsarbeit, aber auch emotionale Arbeit. Letzteres bezeichnet die Anstrengung, die unternommen wird, um bei anderen für gute Laune und in der Tischgesellschaft für gute Stimmung zu sorgen. Schnell auf ein anderes Thema umschwenken, wenn heikle Themen angesprochen werden. Zur Entspannung mal einen Witz machen. Den Gesprächsfluss steuern, damit keine komische Stille entsteht. Das kommt dir bestimmt bekannt vor.
Schuld an dieser unfairen Arbeitsaufteilung sind mal wieder die traditionellen Geschlechterrollen des Spätkapitalismus: der Mann ernährt die Familie, die Frau richtet als Hausfrau Feste aus und sorgt für das Wohl aller Familienmitglieder. Auch wenn dieses Model antiquiert scheint: es steckt immer noch tief in uns drin und führt dazu, dass wir (unbewusst) Aufgaben übernehmen, weil sie unserer Geschlechterrolle entsprechen. Fühlst du dich an Weihnachten auch irgendwie diffus gestresst?
Doch wie können wir die Weihnachtsfeiertage vielleicht einmal anders angehen und die Arbeit fairer aufteilen? Hierfür ein paar praktische Tipps.
- Aufgaben sichtbar machen: Um die Arbeit fairer aufteilen zu können, müssen wir sie zunächst erstmal sichtbar machen. Dazu empfehle ich folgendes: Legt zunächst eine Liste an mit allen üblichen Aufgaben, die in den letzten Jahren so angefallen sind, und ergänzt sie um die, die dieses Jahr (pandemiebedingt) eventuell noch dazu kommen. Welche Aufgaben werden im Vorfeld wichtig, welche Aufgaben an den Tagen an sich? Auch in einer Chatgruppe die Besuchstermine abzuklären ist Arbeit. Ebenso wie an den Feiertagen die Gäste zu begrüßen und sie willkommen zu heißen, während eine andere Person sich um Essen oder Kinder kümmert. Vergessen dürfen wir auch nicht das Schmücken der Wohnung und das Plätzchenbacken- und das fängt meistens schon Ende November an! Neben jede Aufgabe schreibt ihr den Namen der Person, die sich bisher darum gekümmert hat.
- Anforderungen reduzieren: Ich empfehle euch, jede Aufgabe auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen und zu gucken, wo Stress reduziert werden kann. Müssen es wirklich selbst gebackene Plätzchen sein? Müssen die Verwandten wirklich in den eigenen vier Wänden unterkommen oder wären die auch mit einem Hotelzimmer zufrieden? Anfänglich scheint es schwer, von gewissen Konventionen abzuweichen und was soll dann eigentlich der Rest der Familie davon halten? Verständlich, aber jetzt mal ernsthaft: das Festhalten an Konventionen hat uns noch nie weitergebracht.
- Die Liste neu aufteilen: Wahrscheinlich werdet ihr sehen, dass die Aufgaben relativ unfair verteilt sind. Setzt euch zusammen und überlegt, wer welche Aufgaben zukünftig übernehmen könnte. Dabei sollten auch die Kinder und Jugendliche je nach ihren Fähigkeiten miteinbezogen werden. Die Aufgaben können an sich auch noch einmal verändert werden: hat zum Beispiel bisher immer nur eine Person für das Essen gesorgt (meist die Gastgeberin), kann das Menü auch unter den Gästen aufgeteilt werden. Vorspeise, Getränke, Nachtisch, Plätzchen und Kuchen können auch gut mitgebracht werden.
- Die neuen Wünsche gut kommunizieren: Verwandte können es natürlich schnell falsch verstehen, wenn wir sie ins Hotel verlagern möchten. Dass der Grund dafür aber keine Antipathie, sondern der Wunsch nach weniger Haushaltsarbeit ist, muss ihnen erstmal gut erklärt werden. Und das tun wir am besten in einem Gespräch und nicht in einer Nachricht, weil es dort schneller zu Missverständnissen kommt.
Sollten sich eure Familienmitglieder auf eine Umverteilung der Arbeit nicht einlassen wollen, empfehle ich als radikales Mittel den Streik. Wenn ihr keine Lust mehr habt, emotionale Arbeit zu übernehmen, dann lasst es einfach sein. Vielleicht wird die Stimmung dadurch komisch, vielleicht übernimmt aber auch jemand anderes spontan die Funktion der Unterhalterin. Wenn ihr keine Lust habt zu kochen, dann lasst es und bestellt das Essen einfach. Statt die Tage vor dem Fest in der Küche zu stehen, könnt ihr nun glühweinschlürfend „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auf dem Sofa genießen.
Wenn ihr noch ein bisschen Inspiration für eure To-Do-Liste braucht, könnt ihr euch die Weihnachtsedition der Mental Load Liste der Initiative Equal Care Day anschauen (leider kostenpflichtig).
Dieser Text wurde von Nina Timmermann, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Rellingen, verfasst.