Es fällt schwer diesen Text zu schreiben.
Es fällt mir schwer diesen Text zu schreiben, denn die Bilder und Berichte aus den Kriegsgebieten in der Ukraine verlassen meinen Kopf nicht. Sie sind da, bleiben und lassen mich verstört, zutiefst fassungslos, wütend und mit der großen Frage „Warum?“ zurück.
Dieser Text, und das ist wichtig zu betonen, wird aus einer sehr privilegierten Situation heraus geschrieben. Ich musste nie um mein Leben fürchten, ich musste nie mein Heimatland verlassen, musste mich nie von einem Menschen verabschieden, der in den Krieg zog, und ich trage nicht die Erlebnisse, die andere machen mussten, in mir.
Nun könnte man sagen, dass Krieg nun mal Krieg und von daher immer schrecklich und unnötig ist und ich einfach froh sein sollte.
Dem stimme ich absolut zu. Ich bin dankbar, hier leben zu können und es sollte einfach keinen Krieg geben. PUNKT.
Die Bilder aus den vergangenen Tagen zerren so sehr an mir, da sich die Gräueltaten des Krieges nicht auf die Schlachtfelder und auf das Ziel der Bodengewinnung beschränken. Die Bilder zeigen, in welchen Maßen auch Zivilisten vom Kriegsgeschehen betroffen sind und zwar nicht als „Kollateralschaden“ bei den Kämpfen.
Zivilisten zu quälen und zu töten ist augenscheinlich ein Teil des Krieges. Wir sehen Menschen, die gefesselt waren und einfach hingerichtet wurden, wir hören die Berichte von Frauen und Mädchen, die vergewaltigt wurden, bevor sie getötet wurden. All das lässt mich fassungslos zurück!
Vergewaltigung als Kriegswaffe, das ist nicht neu. Vermutlich ist es egal, in welchen bewaffneten Konflikt wir schauen, die Muster ähneln sich und lassen sich schon fast einfach zusammenfassen: Männer müssen das Land verteidigen; ist das Land verloren, werden die zurückgebliebenen Frauen und Mädchen von den Siegern vergewaltigt. Als letzte ultimative Demütigung des Gegners. Frauen und Kinder, die es schaffen zu flüchten, sind auf der Flucht und auch im Zufluchtsort der Gefahr einer sexualisierten Gewalt ausgesetzt.
Fast zeitgleich mit den ersten Nachrichten über Krieg und Flucht kamen die ersten Warnungen vor Ausbeutung und Menschenhandel in den Zufluchtsorten.
Es macht mich fassungslos, was Menschen bereit sind anderen Menschen anzutun.
Weil Zivilisten so sehr unter Konflikten leiden, weil Männer zum Kämpfen gezwungen werden und Frauen in Gefahr kommen, sexualisierter Gewalt ausgesetzt zu werden, ist es so wichtig, den Blick auf Sicherheit, Verteidigung und Krisenmanagement zu weiten und alle betroffenen Gruppen gleichermaßen in den Blick zu nehmen. Unsere Außenministerin hat dies neulich unter „Feministischer Außenpolitik“ zusammengefasst. Dieser Begriff ist nicht neu und Deutschland ist auch nicht das erste Land, das seine Außenpolitik feministisch ausgerichtet hat. Ich bin mir sicher, dass wir uns in den folgenden Monaten und ggf. Jahren noch viel mit diesem Thema auseinandersetzen werden.
Allerdings macht die Möglichkeit, dass die Täter später vor Gericht gestellt werden, dass diese Taten (vielleicht) nicht ungesühnt bleiben, den Umgang mit den Geschehnissen heute nicht leichter.
Wir hier vor Ort haben aber momentan die Möglichkeit, uns für den Schutz der geflüchteten Frauen einzusetzen. Das tun viele Menschen, die in privaten Initiativen aktiv sind, das tun viele Politiker*innen, die entsprechende Beschlüsse fassen und das tun viele, die beruflich auf unterschiedlichste Art und Weise mit dem Thema beschäftigt sind.
Wir, die Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Pinneberg und in ganz Schleswig-Holstein, bringen den geschlechtsspezifischen Blick in unsere Verwaltungen und damit in die direkte Arbeit mit den Geflüchteten ein, um den Schutz von geflüchteten Frauen in den Strukturen vor Ort zu verankern.
Aus unserer Landesarbeitsgemeinschaft heraus gründete sich 2016 das Fachgremium „geflüchtete Frauen“, es ist interdisziplinär besetzt und beschäftigt sich u.a. mit Schutzkonzepten in Unterbringungseinrichtungen, Möglichkeiten zur Weiterbildung für geflüchtete Frauen etc.
In den nächsten Wochen werden wir mit Deborah Azzab-Robinson vom Fachgremium über die Situation von Geflüchteten und unseren Möglichkeiten vor Ort sprechen. Das fertige Interview dazu findet ihr dann natürlich bei den Lotsinnen.
PS. Es ist übrigens total ok, von der momentanen Situation überfordert zu sein. Holt euch Hilfe, wenn ihr merkt, dass ihr mit jemanden darüber sprechen müsst.
Suchst du nach weiteren Informationen?
Hilfe und Unterstützung für geflüchtete Frauen und ihre Kinder (Padlet).
Informationen der Kreisverwaltung für Geflüchtete und ehrenamtliche Helfer*innen.
Ihr braucht jemanden mit der ihr reden könnt? Die Frauenberatungsstelle in Pinneberg findet ihr hier, die Frauen*beratung Elmshorn hier.
Ein Beitrag von Tinka Frahm, Gleichstellungsbeauftragte Kreis Pinneberg.