Gerechtigkeit und gleichwertige Teilhabe sind in unserer Demokratie hochstehende Werte. Als kommunale hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte in der Stadt Elmshorn habe ich mich fast zwei Jahrzehnte auf beruflicher Ebene dafür eingesetzt. Viele Begegnungen und Erfahrungen mit Menschen haben mir gezeigt, wie schnell es möglich ist, durch das soziale Netz zu fallen und wie schwer, wieder zu einem selbstbestimmten Leben zurück zu finden.
Aus diesen Gründen habe ich mich nach meiner Erwerbstätigkeit für ein ehrenamtliches Engagement im Elmshorner Spendenparlament (ESP) entschieden.
Wer engagiert sich im ESP?
Im ESP engagieren sich ehrenamtliche Bürger*innen, gemeinsam mit Firmen und Institutionen durch das Sammeln und Verteilen von Spenden für Menschen, die in unserer Stadt und nächster Umgebung in Not geraten sind und für die eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben kaum mehr möglich ist. Wir ESP Mitglieder im Verein sind uns unserer sozialen Verantwortung bewusst. Wir wollen unbürokratisch und freiwillig da helfen, wo dringend Hilfe benötigt wird und staatliche Stellen nicht weiterhelfen können.
Welche Ziele hat das ESP?
Gerade in Zeiten vielfältiger, gesellschaftlicher Herausforderungen ist bürgerschaftliches Engagement Ausdruck lebendiger Demokratie, die Menschen nicht ausgrenzt und wirtschaftlich Schwache mit in die Gesellschaft einbezieht.
Die Idee des ESP ist es, Spender*innen in einem demokratischen Verfahren an der Vergabe von Spenden zu beteiligen. Orientiert hat sich die ESP Zielrichtung am Hamburger Spendenparlament.
Gegründet wurde das ESP im Jahr 2000 u.a. von der damaligen Bürgermeisterin Dr. Brigitte Fronzek, dem damals amtierenden Sozialamtsleiter Edwin Henkelmann und damaligen Probst Kurt Puls. Als Gleichstellungsbeauftragte gehörte ich ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern.
Wie arbeitet das ESP?
Jede Spende, die wir erhalten geht in die Unterstützung Not leidender Menschen oder kommt sozialen, nachhaltigen Projekten in unserer Stadt zugute. Wir arbeiten transparent und legen den Spender*innen offen, wofür die Geldmittel ausgegeben werden. Im ESP arbeiten wir alle ausschließlich ehrenamtlich, so dass nur geringe Verwaltungskosten entstehen.
Wem wird geholfen?
Wir suchen die Zusammenarbeit der im sozialen Bereich tätigen Einrichtungen, Vereinen und Institutionen, um in gemeinsamer Verantwortung, soziale Not ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen und ihr entgegen zu wirken.
So ist vor Jahren die Elmshorner Ehrenamtsmesse „Markt der Möglichkeiten“ entwickelt worden, die leider wegen der Corona Pandemie in den letzten beiden Jahren ausfallen musste.
Im gemeinschaftlichen Engagement ist auch die „Kulturtafel Elmshorn“ entwickelt worden, die Eintrittskarten für kulturelle Veranstaltungen an Elmshorner*innen mit geringem Einkommen verschenkt.
Die Spendenanfragen erreichen uns durch betreuende soziale Institutionen und oft auch über das Internet. Oder die Menschen kommen zu uns in die Sprechstunde, die wir wöchentlich in einem Büro des Rathauses anbieten. An uns wenden sich Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft und verschiedenen Geschlechts.
Beispiele dafür sind:
- Eine junge Frau, die ihr Geld verloren hatte. Ihre kleine Tochter und sich selbst konnte sie übers Wochenende nicht mehr versorgen. Sie hatte auf unserem Nottelefon um Hilfe gebeten. Das ESP hat unkompliziert 100 Euro Notgeld gespendet.
- Eine Studentin mit Migrationshintergrund kam über das Internet mit dem ESP in Kontakt. Sie studierte in Hamburg Kunst und hatte in der Abschlussphase Schwierigkeiten, die häufiger anfallenden Fahrtkosten zu finanzieren. Wir haben diese Kosten übernommen.
- Ein von Geburt an blinder, sehr musikalischer Schüler, der mit seinen Eltern als Geflüchteter nach Elmshorn gekommen war, hat uns ebenfalls übers Internet kontaktiert. Das ESP hat ihm einen speziellen Laptop (mit Blindenschrift und speziellem Sprachprogramm) finanziert, mit dem er auch Musik komponieren kann.
- Einem sehr armen, alten, kranken und behinderten Mann, der völlig verarmt und isoliert lebt, hat das ESP einen Fernseher und ein Bett finanziert.
- Die `Frauen* Beratung Elmshorn´ bat beim ESP um eine Spende für ein junges Paar mit Migrationshintergrund. Die junge Frau hatte den Mut gefasst, sich nach einer Beschneidung in einer speziellen Klinik in Westdeutschland operieren zu lassen. Sie konnten aber die Übernachtungs- und Fahrtkosten für den Ehemann nicht aufbringen. Das ESP konnte helfen.
Seit 2011 bin ich im Vorstand des ESP aktiv und im September 2021 wurde ich zur 1. Vorsitzenden des Vereins gewählt. Mir macht es Spaß, ehrenamtlich aktiv zu sein und viel Freude, im ESP-Team etwas für bedürftige Menschen zu tun. Dabei kommen mir meine vielfältigen Kontakte zugute. Und ich kann einen kleinen Beitrag für den sozialen Zusammenhalt in der Stadt Elmshorn leisten.
Es wäre gut, wenn mehr Städte die Initiative für ein Spendenparlament entwickeln würden!
Mehr Informationen zum ESP und die Kontaktdaten findest du unter https://www.elmshorner-spendenparlament.de
Ein Beitrag von Christiane Wehrmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Elmshorn von 1994 bis 2011