Gerade für alleinerziehende Eltern gestaltet sich die Jobsuche schwierig. Sie müssen besonders darauf achten, dass der Job sich mit der Kinderbetreuung verträgt, die sie überwiegend alleine meistern. Personalchefs schrecken davor zurück sie einzustellen, da sie viele Kinderkranktage oder Ausfälle fürchten. Das ist natürlich rechtlich nicht zulässig, kommt aber in der Praxis durchaus vor. Wir haben daher bei den Expertinnen von FRAU & BERUF nach Tipps für Alleinerziehende bei der Jobsuche gefragt.
Was würdet ihr einer alleinerziehenden Person ganz grundsätzlich bei der Suche nach einem Job und der schriftlichen Bewerbung empfehlen?
Zunächst einmal ist es wichtig, dass das berufliche Ziel klar ist und im Vordergrund steht. Viele Alleinerziehende fokussieren sich auf die Betreuungssituation ihrer Kinder und sehen die damit verbundenen möglichen Probleme für einen Arbeitgeber. Dadurch erlauben sie sich oft nicht, ihre beruflichen Wünsche zu formulieren und zu verfolgen. Es entstehen Unsicherheiten, die bei der passenden Jobwahl und Bewerbung hinderlich sind. Hier kann es hilfreich sein, sich Unterstützung von außen zu holen. Wir helfen zum Beispiel dabei, den beruflichen Wunsch in den Mittelpunkt zu rücken und schauen dann systemisch, ob alle anderen Lebensbereiche so ausgefüllt sind, dass der berufliche Wiedereinstieg gelingen kann. In Lebensbereichen, in denen Unterstützung fehlt, schauen wir gemeinsam, wie diese aussehen kann.
Hinsichtlich der Jobsuche und Bewerbung machen wir keinen Unterschied, ob jemand alleinerziehend ist oder nicht. Wichtig ist, dass sich Bewerberinnen intensiv mit dem Unternehmen auseinandersetzen, in dem sie sich bewerben möchten. Hat das Unternehmen eine Philosophie oder Werte, die sich mit denen der Bewerberin decken? Eine passgenaue Bewerbung sollte immer darüber Auskunft geben, warum man sich bei diesem Unternehmen bewirbt, warum man für die Position geeignet ist und welchen Nutzen das Unternehmen hat, wenn man eingestellt wird.
Für die Passgenauigkeit eines Anschreibens kommt es darauf an, dass man die Anforderungen einer Position durch praktische Erfahrungen belegen kann. Diese können aus einem beruflichen aber auch aus einem privaten Kontext stammen. Auch hierbei können wir unterstützen.
Stellen wir uns nun vor, wir haben es bis zum Vorstellungsgespräch geschafft. Gerade für Alleinerziehende ist es wichtig, dass Beruf und Kinderbetreuung vereinbar sind. Wie kann ich die Fragen nach flexiblen Arbeitszeiten stellen, ohne sofort „preiszugeben“, dass ich alleinerziehend bin?
Der Arbeitsmarkt verändert sich gerade stark. Dies gilt insbesondere auch für die Art, wie die Arbeitsleistung erbracht werden kann. Unabhängig von der persönlichen Lebenssituation gewinnt das mobile Arbeiten in vielen Berufen immer mehr an Bedeutung. Insofern ist die Frage nach mobilen und flexiblen Arbeitszeiten heute völlig legitim und zwar unabhängig davon, ob jemand alleinerziehend ist oder nicht. Ob eine Frau alleinerziehend ist oder nicht, spielt bei der Bewerbung keine Rolle. Im Vorstellungsgespräch sollten die Wünsche und Möglichkeiten dann im Einzelnen besprochen werden, damit diese ggf. vertraglich festgehalten werden können.
Würdet ihr Alleinerziehenden generell davon abraten, oder kann es auch Vorteile haben, offen mit der eigenen Lebenssituation umzugehen?
Viele Frauen neigen dazu, sich durch ihre Lebenssituation als Alleinerziehende als „Problemfall“ für den Arbeitsmarkt zu sehen. Wir helfen Frauen die positiven Fähigkeiten, die sie durch diese Lebenssituation ausbilden, zu erkennen und zu nutzen. Dazu gehören oft Skills wie Organisationstalent, Zielorientierung, Flexibilität, Ruhe bewahren u.a. Wenn Frauen dies als Vorteil erkennen, hilft ihnen dies selbstbewusst durch alle Bewerbungsphasen.
Generell ist es immer hilfreich, offen mit der eigenen Lebenssituation umzugehen, wenn dies mit Selbstbewusstsein und Klarheit transportiert wird. Dies gilt nicht nur für Alleinerziehende sondern für alle, die neben dem Beruf Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu versorgen haben. Manche Alleinerziehende haben Lebenspartner oder ein sehr gutes privates Netzwerk, auf das sie zurückgreifen können. Wohingegen manche verheirate Frauen mit der Kinderbetreuung alleine da steht, weil weder Ehepartner noch soziales Netzwerk im Notfall einspringen können.
Geht man offen mit seiner Situation um, können die Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten daran angepasst werden. Es geht doch auch darum einen Arbeitgeber zu finden, bei dem die äußeren Umstände passen und man Familie und Beruf vereinbaren kann. Das kann nur gelingen wenn man mit offenen Karten spielt.
Nun habe ich das Gefühl, dass ich eine Stelle nicht bekommen habe, weil ich alleinerziehend bin. Wie kann ich mich dagegen wehren, was sollte ich dann tun?
Unsere Erfahrung zeigt, dass die Gründe für Ablehnung einer Bewerbung oft nicht transparent sind. Wenn die Ratsuchende das Gefühl hat, einen Job wegen ihres Erziehungsstatus nicht zu bekommen, ist unsere Empfehlung, nach vorne zu schauen und nach einem Arbeitgeber zu suchen, der besser passt. Es gibt meistens keine Möglichkeit, einen Nachweis für den Grund einer Absage zu erhalten. Sich zu wehren bedeutet u.U. einen Rechtsweg zu beschreiten. Ob man nach so einer Aktion noch in der Firma arbeiten kann und möchte, sollte man sich vorher gut überlegen. Möchte man für ein Unternehmen arbeiten, das nicht vorbehaltlos „ja“ zu einem sagt
Welche rechtlichen und sozialstaatlichen Rahmenbedingungen sind für Alleinerziehende im Bereich Berufsleben relevant? Gibt es Unterschiede, zum Beispiel in Bezug auf Kinderkranktage?
Tatsächlich gibt es in Bezug auf die Kinderkranktage eine gesonderte Regelung für Alleinerziehende. Bei Krankheit eines Kindes im Alter unter 12 Jahren stehen ihnen doppelt so viele zu, also 20 Kinderkranktage pro Jahr. Ansonsten genießen Alleinerziehende grundsätzlich keinen besonderen rechtlichen Schutz.
Allerdings muss der Arbeitgeber bei Ermessensentscheidungen wie zum Beispiel Versetzungen, Verlängerung der Elternzeit, Anordnung von Mehrarbeit und Urlaubsentscheidungen die besonderen Belange der Alleinerziehenden berücksichtigen. Hier ist allerdings zu beachten, dass auch andere Eltern im Unternehmen berechtigte Ansprüche haben.
Die Lotsinnen danken Martina Pichon und Stefanie Pöppelmann von FRAU und BERUF für das Gespräch!